EMS beim Pferd: Erkennen, behandeln, vorbeugen

Bildquelle: Christiane Slawik

„Irgendwie ist es aus dem Ruder gelaufen. Satte Weiden, endlich gutes Raufutter, ein schöner Offenstall mit 24 Stunden Heu. Dann aber wenig Zeit, um für ausreichend Bewegung zu sorgen. Stück für Stück wurde er immer runder. Dann die ersten Bemerkungen der Stallkollegen, das Pferd sei zu dick. Wenigstens nicht zu dünn, oder? Der „Dicke“ sieht doch schick aus mit seinem Kragen. Fast schon wie ein spanischer Hengst. Doch dass das ungesund sein kann? Es gibt ja auch gesunde, dicke Pferde, oder?“

Ja, die gibt es. Und doch ist die Adipositas (so nennt man deutliches Übergewicht) eine Form des Übergewichts, die durch die Anhäufung von Fettpolstern an Mähnenkamm, Schulter, Kruppe und Schweifansatz geprägt ist. Ähnlich wie wir beim Menschen vom ungesunden Bauchfett sprechen, weil es hormonell aktiv ist und den Körper in eine Art dauerhaften Entzündungszustand versetzt, so sind die besagten Fettpolster beim Pferd in gleicher Weise ein Risiko. Warum, lesen Sie in unserem Artikel zu EMS (Equines Metabolisches Syndrom). 

Das Equine Metabolische Syndrom (kurz EMS)

Dick bedeutet nicht gleich krank. Aber ähnlich dem metabolischen Syndrom beim Menschen (sog. Adipositas), spielt auch beim Equinen Metabolischen Syndrom (EMS) Übergewicht bis hin zur Verfettung die zentrale Rolle. EMS wird etwas sperrig als Symptomkomplex bezeichnet. Dieser beschreibt das Auftreten einer Adipositas beim Pferd, welche zu einer Insulinresistenz führt. Wir sprechen von einem EMS-Patienten, wenn von den drei Befunden Adipositas, Insulinresistenz und/oder Hufrehe mindestens zwei gleichzeitig vorhanden sind.

Das schwerwiegendste Symptom bei EMS ist die Hufrehe. Eine akute Hufrehe kennen die meisten als hochgradige Lahmheit, bei der die Pferde eine „sägebockartige Stellung“ einnehmen (d. h. nach vorn gestreckter Kopf und Hals; zur Entlastung weit nach vorne gestellte Vordergliedmaßen; unter den Körper geschobene Hintergliedmaßen und Mehrbelastung des hinteren Hufendes, der sogenannten Trachten). Viele Pferde mit EMS bleiben leider anfällig für eine Hufrehe und sollten daher in der Regel nicht mehr auf die Weide. Eine dramatische Konsequenz, welche einem vor Augen führt, wie wichtig eine ausgewogene und auf den tatsächlichen Energiebedarf abgestimmte Fütterung ist.

Die Diagnose EMS kann weitere Einschränkungen zur Folge haben. Blutdruckerhöhungen (Hypertension), eine Verschiebung der Blut- und Leberfettwerte, d. h. hohe Blutwerte für Fette (Triglyceride), erhöhte Leberwerte, eine Erhöhung von Entzündungsmarkern sowie Fruchtbarkeitsstörungen (veränderter Zyklus der Stute mit schlechterer Chance, tragend zu werden), werden als Folge von EMS beschrieben (Frank et al., 2010).

Mindestens zwei der folgenden Faktoren sind feststellbar (nach Frank et al., 2010):

  • Adipositas (Fettpolster an Mähnenkamm/Schulter/Kruppe/Schweifansatz oder verteilt am ganzen Körper)
  • Insulinresistenz (Zuckerempfindlichkeit durch gestörte Insulinreaktion an der Zelle mit Insulinüberproduktion)
  • Hufrehe (schmerzhafte Entzündung der Huflederhaut, die zur Lahmheit führt)

Häufiger betroffen:

  • Leichtfuttrige Rassen, sogenannte „Easy keepers“ (Ponyrassen, Kaltblüter, Robustrassen u. a.)

Mögliche Folgen:

  • Hufrehe (häufig wiederkehrend)
  • Erhöhung von Entzündungsmarkern
  • Verschiebung der Blut- und Leberfettwerte, z. B. hohe Blutwerte für Fette (Triglyceride), Zucker (Glukose), Insulin
  • Erhöhte Leberwerte im Blutbild
  • Fruchtbarkeitsstörungen (veränderter Zyklus der Stute, geringerer Besamungserfolg)
  • Blutdruckerhöhung (Hypertension)
  • Erhöhte Belastung des Bewegungsapparates

Wichtig bei Hufrehe:

  • Abklärung möglicher anderer Ursachen, z. B. Cushing

Und alles nur, weil die Pferde schleichend zu dick geworden sind. Durch die veränderte Rolle von Pferden in Deutschland vom Arbeitstier in der Landwirtschaft, hin zum Freizeitpartner ohne körperliche Auslastung, bei jedoch gleichbleibend gutem Futterangebot, ist EMS bei Pferden und Ponys zur „Zivilisationskrankheit“ geworden. Ein bisschen vergleichbar ist dies mit dem ungesunden Lebenswandel von uns Menschen, hin zur Ernährung mit Fast Food und einem bewegungsarmen Bürojob. Hinzu kommt, dass wir eigentlich zu dicke Pferde inzwischen als normalgewichtig wahrnehmen. Bei einem Pferd mit optimaler Figur darf man die Rippen in Bewegung durchaus schimmern sehen und sollte sie auf jeden Fall mit leichtem Druck spüren. Fettdepots am Hals und auf der Kruppe sollten nicht deutlich sichtbar sein. Ein runder Hintern und schöner Kragen ohne entsprechendes Training sind in der Regel keine Muskulatur, sondern Fett, welches sich als Muskulatur „tarnt“.

Wie entsteht EMS bzw. starkes Übergewicht?

Simpel ausgedrückt: Die aus dem Futter aufgenommene Energiemenge übersteigt den Bedarf des Pferdes. Nicht verbrauchte Energie wird als Fett gespeichert.
In der Natur kommt es bei Pferden und Ponys zu einer natürlichen, saisonalen Gewichtsab- und -zunahme. Das heißt, der Futtermangel im Winter lässt die Tiere deutlich an Gewicht verlieren und schützt die Pferde damit vor Übergewicht durch das reichhaltige Futterüberangebot im Frühjahr. Diese Dynamik kann auch beobachtet werden, wenn Ponys ganzjährig ohne Zufütterung auf großen Weiden gehalten werden (Dugdale et al., 2008). Durch die komfortable Versorgungslage im Winterstall in unserer Obhut fehlt unseren Pferden diese natürliche Schwankung des Körpergewichtes.

Natürlich kann man die Energieaufnahme durch eine angepasste Fütterung und ein ausgiebiges Bewegungsmanagement auch ganzjährig so gestalten, dass die Tiere konstant ihr Gewicht halten. Kommen die Tiere jedoch mit hohem Ausgangsgewicht auf satte Frühjahrsweiden, ohne einen entsprechend höheren Energieverbrauch zu haben, dauert es mitunter nur wenige Wochen, bis die Fettpolster deutlich sichtbar werden. Spätestens dann ist eigentlich ein Gegensteuern angezeigt, noch bevor eine Insulinresistenz und eine Hufrehe entstehen können. Im Klartext heißt das, eine Gewichtsreduktion ist die einzig sinnvolle Konsequenz und auch die nachhaltig wirksamste zur Verhinderung einer EMS bedingten Hufrehe bei Übergewicht. In der Praxis bedeutet das eine sofortige Senkung der Energieaufnahme (Futterrestriktion, energieärmeres Futter) und/oder die Erhöhung des Energieverbrauchs (z. B. durch körperliche Arbeit, Bewegung).

Um EMS zu verstehen, wenden wir uns zunächst den Begriffen Adipositas, Insulin/Insulinresistenz und Hufrehe zu.

Adipositas (starkes Übergewicht)

Das zentrale Problem des EMS ist die Adipositas (Übergewicht bzw. Fettleibigkeit). Bei verfetteten Tieren reagieren die Zellen des Fettgewebes mit einer vermehrten Bildung von Entzündungsmediatoren, d. h. der Körper wird in eine Art Entzündungszustand versetzt, welcher auch den Hormonhaushalt und damit den Zucker- bzw. Insulinstoffwechsel verändert. Ursächlich dafür scheinen insbesondere die Fettpolster an Mähnenkamm, Schulter, Kruppe und Schweifansatz zu sein. Zum Vergleich: Beim Menschen wird eher das übermäßige Bauchfett als problematisch angesehen, welches die Entstehung von Entzündungen antreibt. 

Ist mein Pferd zu dick?

Wie kann eine Adipositas festgestellt werden?

  • Wiegen und Körpergewicht ins Verhältnis setzen zur Körpergröße
  • Bauchumfang u. a. Körpermaße erheben (zur Schätzung des Gewichtes)
  • Ermittlung des Body Condition Score (BCS)
  • Beurteilung des Cresty Neck Score (CNS)

Das Körpergewicht ist ein wichtiger Parameter. Er kann mit Hilfe von Vieh- oder Industriewaagen (in Kliniken oder Tierställen, mobile Pferdewaagen, LKW-Waagen) ermittelt werden.

Er wird in der Therapie als wichtiger Parameter zur Erfolgskontrolle bei Reduktionsdiäten genutzt. Beim Pferd kann man zwar auch den Bauchumfang messen, dieser eignet sich aber nur zur groben Schätzung des Körpergewichtes. Weitere Hinweise zur Nutzung von Maßbändern zur Gewichtsermittlung finden Sie hier >>>

Zur objektiven Einschätzung des Ernährungszustandes lässt sich beim Pferd der Body Condition Score (BCS) bestimmen als Note zwischen 1 (abgemagert) und 9 (verfettet). Eine Anleitung dazu finden Sie hier >>>.

Beim Pferd nutzt man zusätzlich einen speziell für den Mähnenkamm entwickelten „Nackenkamm-Score“ (Cresty Neck Score) mit einer Skala von 0 – 5. Ab einem Score von 3 wirkt der Kamm in Nackenmitte verdickt und füllt die Hand beim Umfassen deutlich aus. Bei manchen Pferden kippt der Mähnenkamm regelrecht zur Seite.

Werte über 3 zeigen eine deutliche Fettpolsterbildung an. Solche Pferde haben ein erhöhtes Risiko, an einer Hufrehe zu erkranken.

Faktoren, die eine Fettleibigkeit (Adipositas) begünstigen:

  • Ganzjährig reichhaltiges Futterangebot
  • Rasseprädisposition leichtfuttriger Rassen
  • Überangebot an Futtermitteln (v. a. Kraftfutter, aber auch Leckerli)
  • Bewegungsmangel (z. B. wenig Freilauf, kaum körperliche Arbeit)
  • Bewegungseinschränkungen (z. B. Boxenruhe, Erkrankungen des Bewegungsapparates)

Insulinresistenz (IR)

in der Bauchspeicheldrüse, in den Langerhans-Inseln (Inselzellen) gebildet, daher hat es auch seinen Namen: Insulin = „aus den Inselzellen“. Es steuert den Transport des Blutzuckers in die Körperzellen. Nimmt ein Pferd Zucker, Stärke oder andere leichtlösliche Kohlenhydrate auf, gelangt der Zucker nach der Dünndarmverdauung ins Blut. Dort kann er aber nicht bleiben, sonst kommt es zu einer Überzuckerung (Hyperglykämie). Der Zucker muss in die Körperzellen verteilt werden. Dazu wird Insulin benötigt. Insulin ist also das Hormon zur Senkung des Blutzuckerspiegels. Steigt der Blutzuckergehalt nach der Fütterung an, wird die Insulinproduktion angeregt. Die Körperzellen reagieren auf das Insulin durch Bindung an den Insulin-Rezeptor an der Zelle. Darauf kann der Körper unterschiedlich reagieren:

Insulinsensitiv (normale Reaktion): Der Zuckerstoffwechsel funktioniert normal, die Zellen nehmen den Zucker durch die Insulinbindung an der Zelle aus dem Blut auf. Der Blutzuckerspiegel steigt nach einer Mahlzeit kurz an und sinkt dann innerhalb weniger Stunden wieder auf einen normalen Basalwert (Normoglykämie) ab.

Insulindysreguliert (nicht normal): Wird ein Pferd viel zu dick, kommt es dagegen zu einer hormonellen Störung (Endokrinopathie), sehr wahrscheinlich aufgrund der hormonellen Aktivität des Fettgewebes. Dann sprechen auch die Zellen weniger sensitiv auf Insulin an. Der Körper muss immer mehr Insulin bilden, um an der Zelle noch eine Reaktion auslösen zu können. Im Blut ist die gesteigerte Insulinproduktion häufig schon sichtbar (erhöhter Basalinsulinspiegel).

Insulinresistent (nicht normal): Sprechen die Zellen kaum noch auf das Insulin an und verweigern nahezu die Zuckeraufnahme aus dem Blut, spricht man von einer Insulinresistenz, entstanden durch das Versagen der Insulin-Rezeptoren an der Zelle, ein Zustand, der jede Aufnahme leicht löslicher Zucker (aus z. B. frischem Gras, Heu, Getreide, Obst) zum Hufreherisiko werden lässt. Der Blutzuckerspiegel steigt nach der Fütterung an, daraufhin produziert der Körper mehr Insulin, da jedoch die Zellen nicht mehr normal auf Insulin reagieren, bleibt der Zuckerspiegel hoch und der Körper produziert zu viel Insulin.

Die gute Nachricht ist, mit einer konsequenten Gewichtsreduktion normalisiert sich auch der Zuckerstoffwechsel in der Regel wieder. Parallel sollte Muskulatur aufgebaut werden, da Muskeln zu den Geweben gehören, die effektiv Zucker verwerten. Je besser das Pferd also wieder antrainiert wird und Muskulatur aufbaut, umso schneller hat man wieder ein gesundes Pferd. Die Neigung zur hormonellen Entgleisung des Zuckerstoffwechsels bleibt jedoch häufig bestehen und bedarf der regelmäßigen Überwachung (weiteres dazu finden Sie im Absatz Diagnostik). Viele Pferde mit EMS bleiben anfällig für eine Hufrehe und sollten daher in der Regel nicht mehr auf die Weide. 

Hufrehe

Die Hufrehe ist eine schmerzhafte Entzündung der Huflederhaut (Pododermatitis aseptica diffusa), bei der sich im weiteren Verlauf die durchblutete, hornbildende Schicht des Hufes von der Hornkapsel lösen kann. Das Auftreten einer Hufrehe wird bei unseren Pferden mit einer Rate zwischen 1,5 – 34 %, je nach Pferdepopulation, zahlenmäßig angegeben. Es handelt sich also um eine häufige Erkrankung.

Aber warum ist eine Hufrehe so gefährlich für unsere Pferde? Beim gesunden Pferd besteht eine feste Verbindung des Hufbeinknochens über mehrere Schichten der Hufwand (u. a. der Huflederhaut) zur Hornkapsel. Dadurch wird das Hufbein innerhalb der Hornkapsel in einer Schwebeposition gehalten. Ein gesunder Huf zeigt zudem im Röntgenbild eine parallele Anordnung des Hufbeins zur Hornkapsel. Diese Lage kann durch eine Hufrehe (Mikrozirkulation im Huf wird gestört) verloren gehen. Durch die Schädigung des Hufbeinträgers kann das Hufbein in der Hufkapsel rotieren oder sich sogar absenken, u. a. weil die Sehnen jetzt ungehindert Zug auf das Hufbein ausüben können. Es kommt zur Hufbeinrotation und/oder Hufbeinsenkung, was zu einer sehr schmerzhaften Druckumverteilung im Huf führt.

Daher zeigen Pferde im akuten Hufreheschub die sog. Trachtenfußung (siehe Bild 1: Sägebockstellung), um die Zugwirkung der Sehne und die damit verbundenen Schmerzen zu reduzieren. Im schlimmsten Fall kann die Hufbeinspitze durch die Hufsohle durchbrechen oder das Pferd kann Ausschuhen (Verlust der Hornkapsel). Ist der Hufbeinträger einmal geschädigt, neigen diese Pferde leider wiederkehrend zu Hufreheschüben, wenn es durch eine hohe Aufnahme von Zucker, Stärke oder Fruktanen zu einer erneuten Hyperinsulinämie (hoher Insulinspiegel im Blut) kommt.

Der typische Rehehuf:

Was nach einer Hufrehe als typische Komplikation auftritt, ist ein Huf mit minderwertigem, bröckeligem Hufhorn. Dieser zusätzlich verformte Huf ist gekennzeichnet durch eine schnabelförmige Deformation und nach hinten auseinanderlaufende Reheringe (Einschnürungen des Hufhorns).

Das Ausmaß der Schmerzen, die schlechte Prognose und die Häufigkeit des Wiederauftretens der Krankheit macht die Hufrehe sowohl aus Gründen des Tierschutzes, aber auch unter dem Gesichtspunkt des bevorstehenden Aufwandes für den Besitzer (Gewichtskontrolle, Begrenzung der Zucker- und Fruktanaufnahme) mitunter zur schweren Last.

Eine akute Hufrehe erkennt man an einer Lahmheit auf 1 (selten), 2 oder 4 Beinen, bei der das Pferd nicht mehr ohne Zwang vorwärtszubewegen ist, viel liegt und schwitzt (kolikähnliche Symptome). Es möchte das Bein nicht mehr anheben (z. B. beim Hufegeben), weil das Pferd das Gewicht nicht auf nur 3 Beine verteilen möchte. Diese Pferde verweigern auch jeden Wechsel von weichem auf harten Boden.

Im Gesicht kann man ihnen den Schmerz dann förmlich ansehen. Häufig nehmen die Pferde die bereits erwähnte „sägebockartige Körperhaltung“ ein (siehe Bild 1). Am Bein lässt sich die sogenannte Pulsation fühlen. Dazu umgreifen Sie von hinten mit Daumen und Zeigefinger das Fesselgelenk und legen beide Finger leicht auf die Haut auf. Seitlich des Fesselgelenkes laufen große Blutgefäße entlang. Spürt man dort eine „Pulsation“, also eine Art durchlaufende Druckwelle unter der Haut, spricht das für einen entzündlichen Prozess im Huf bzw. eine Hufrehe. Beachte: Eine Pulsation ist an dieser Stelle auch fühlbar, wenn ein Pferd z. B. ein akutes Hufgeschwür hat.

Im akuten Zustand müssen solche Pferde mit Schmerzmitteln behandelt werden, auf tiefe, weiche Böden gestellt und die Hufe mit Eiswasser (oder Eisbeuteln) gekühlt werden. Mildere Hufreheschübe zeigen sich schon in einem klammen Gang, widerwilligem Laufen und Traben auf harten Untergründen und hochgradigem Wendeschmerz (Pferd belastet beim Abbiegen die innere Gliedmaße nur ungern).

Sofortmaßnahmen bei Hufrehe

  • Hufe kühlen
  • Tierarzt rufen
  • Box tief einstreuen
  • Pferd möglichst nicht mehr bewegen
  • Auf getreidehaltiges Kraftfutter/Leckerli verzichten
  • Heumenge nicht reduzieren bis der Hufreheschub überstanden ist
  • Erst nach dem Hufreheschub ggf. mit einer Diät beginnen

 

Hufrehe durch EMS

  • Bis zu 20 % unserer Pferde erkranken EMS bedingt an Hufrehe
  • Häufiger betroffen sind Ponys und Robustrassen („Easy keepers“)
  • Auslöser ist die Hyperinsulinämie (als Folge des Übergewichtes und der Zuckeraufnahme)
  • 1 (selten), 2 oder 4 Beine können betroffen sein
  • Häufig chronischer Verlauf, hohe Rückfallrate
  • Folgeschäden können eine Hufbeinrotation und/oder Hufbeinsenkung sein
  • Im ungünstigsten Fall kommt es zum Ausschuhen (Verlust der kompletten Hornkapsel durch Funktionsverlust des Hufbeinträgers)

Milde Symptome:

  • Laufen nur noch auf weichem Boden, klammer Gang
  • Leichte Pulsation der Mittelfußarterie
  • Wendeschmerz
  • Schmerzgesicht

Akute Symptome:  

  • Sägebockartige Körperhaltung
  • Verweigern des Hufeanhebens
  • Pulsation der Mittelfußarterie
  • Starkes Schwitzen
  • Kolikartige Schmerzen
  • Seitenlage möglich

Bei EMS wird die Hufrehe ausgelöst durch eine Hyperinsulinämie. Eine Studie aus einer finnischen Pferdeklinik untersuchte einmal systematisch, auf welche Ursachen die Hufrehe der dort vorgestellten Pferde zurückzuführen war. Über 60 % der Hufrehepatienten, die meisten von ihnen Ponys, litten an einem krankhaft erhöhten Insulinspiegel im Blut (Hyperinsulinämie). 95 % dieser Pferde zeigten die typischen lokalen Fettpolster an Mähne, Schulter und Schweif (Adipositas). Das heißt konkret, mehr als zwei Drittel der Hufrehen beim Pferd sind auf EMS zurückzuführen (Karikoski et al., 2011).

Eine Hufrehe infolge einer Insulinresistenz kann auch im Zusammenhang mit einer Cushing Erkrankung (PPID, Hypo-physentumor bei Pferden >12 Jahren) auftreten. Für die Cushing Erkrankung gibt es eine medikamentöse Therapieoption, den Wirkstoff Pergolid. Pferde können an EMS und Cushing auch gleichzeitig erkranken. Dann wird die Pergolid-Therapie mit einer zuckerarmen Fütterung kombiniert. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Fachbeitrag „Alte Pferde richtig füttern und managen“.

 

Diagnostik Blutbild

Tabelle 1: Blutwerte, die zur EMS-Diagnostik genutzt werden

ParameterAngaben zur Auswertbarkeit
 plusminus

Glukose

 

Schwankt stark in Abhängigkeit von Tageszeit, Stress, Medikamenten, Futteraufnahme und ist daher ein unsicherer Parameter

Insulin

Hohe Nüchternwerte >20 μU/ml deuten auf eine Insulinresistenz hin

Niedrige Werte schließen eine IR nicht aus, dann sind dynamische Tests zu empfehlen, Stress und Schmerz können den Wert erhöhen

Fructosamine

Langzeitmarker für den Zuckerstoffwechsel, widerspiegelt den mittleren Blutzuckerspiegel der letzten 2-3 Wochen

Nicht zur Akutdiagnostik geeignet

Triglyceride

Können bei einer Insulinresistenz erhöht sein

Werden auch durch z. B. Hungerphasen beeinflusst

Insulinsensitivität
(RISQI)

Zeigt die Ansprechbarkeit der Zellen auf das Insulin an (Maß für Insulin-sensitivität)

 

Insulin-Glukose-
Verhältnis (I:G-Quotient)

Wird berechnet als Quotient aus Insulin und Glucose. Steigt über den Referenzbereich an, wenn abnormal viel Insulin im Blut vorhanden ist

Wird vom schwankenden Glukosewert beeinflusst

MIRG (Modified Insulin
to Glukose Ratio)

Zeigt die Funktionalität der Insulin produzierenden Pankreaszellen an

 

SAA (Serum Amyloid A)

Sehr guter Anzeiger für Entzündung

SAA korreliert zwar mit EMS bzw. dem Übergewicht, bleibt aber im Referenzbereich <5 mg/l

Leptin, Adiponektin

 

Aktuell keine etablierten Testverfahren verfügbar

 

Für die EMS-Diagnostik werden häufig die basalen Werte für Insulin und Glukose ermittelt. Welche Werte im Blut messbar sind und welche Aussagekraft sie besitzen, lesen Sie in Tabelle 1.

Blut ist immer ein gern genommenes Medium, da es leicht zugänglich ist. Aber Blut ist auch nur ein Transportmedium für viele Stoffe, weshalb einzelne Werte häufig schwer zu interpretieren sind. Das gilt insbesondere für den Blutzucker (Glukose).

Häufige Befunde im Blut eines EMS-Pferdes sind:

  • Insulin erhöht (Hyperinsulinämie)
  • Normale Blutglukosewerte (Normoglykämie) oder eine Erhöhung (Hyperglykämie) im Endstadium der Insulinresistenz
  • Erhöhte Triglyceride möglich
  • Ein erniedrigter RISQI
  • MIRG erhöht
  • Erhöhte Leberwerte möglich

Ein erhöhter Blutglukosewert (Hyperglykämie) kann hinweisend dafür sein, dass eine manifeste Insulinresistenz besteht, jedoch steigt der Blutzucker auch bei Stress, bestimmten Medikamenten oder nach der Futteraufnahme. Pferde mit EMS zeigen in den meisten Fällen einen normalen Blutglukosewert im Blutbild. Deshalb sollte im Verdachtsfall ein sog. EMS-Profil im Blut gemacht werden, welches o. g. Werte mitbestimmt. Hohe Leberwerte sind im Falle des EMS kein Grund zur Entgiftung. Sie normalisieren sich, wenn die Pferde abspecken.

Damit eine einmalige Bestimmung des Glukose- und Insulin-Basalwertes im Blut überhaupt auswertbar ist, müssen möglichst standardisierte Bedingungen eingehalten werden. Früher bedeutete das, ein Pferd sollte 6 Stunden vor der Blutentnahme nicht mehr gefressen haben. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Auswertbarkeit auch gegeben ist, wenn die Pferde in den 48 Stunden vor der Blutentnahme folgendes gefüttert bekommen:

  • Kleine Portionen Raufutter (bis 1,5 kg/100 kg Körpergewicht über 24 h) mit möglichst geringem Anteil an Zucker und Fruktan
  • Nutzung eines späten 1. Heuschnitts (eventl. mit Stroh gemischt)
  • Heu kann zur Reduktion von Gesamtzucker und Fruktan  gewässert (10 – 30 min tauchen und direkt füttern) oder bedampft werden. Gewässertes Heu sollte allerdings innerhalb von spätestens 4 Stunden vollständig gefressen sein oder entsorgt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass enthaltene Mikroorganismen sich stark vermehren.
  • Kein Kraftfutter für mindestens 4 Stunden vor der Blutentnahme
  • Kompletter Futterentzug möglichst für 2 Stunden vor der Blutentnahme

Das Wässern und das Bedampfen von Heu dienen dabei der Reduktion der wasserlöslichen Kohlenhydrate im Heu. Dadurch nimmt das Pferd weniger Zucker auf. Die sog. glykämische Reaktion (Anstieg von Zucker und Insulin im Blut) fällt geringer aus. Somit wird der Einfluss der Fütterung auf das Blutbild gemindert und die Auswertung erleichtert. Zudem kann der Futterentzug zu viel Stress für das Pferd bedeuten (z. B. bei magenempfindlichen Pferden) und sogar eine Insulindysregulation auslösen.

Dynamische Bluttests auf EMS

Dynamische Tests sind etwas aufwändigere Bluttests, die am besten in einer Klinik durchführbar sind. Sie haben den Vorteil, dass sie keine statischen Einzelblutwerte darstellen, sondern den Zuckerstoffwechsel des Pferdes dynamisch, d. h. im Verlauf nach der Glukoseaufnahme, dokumentieren und auswertbar machen.

Nachstehend stellen wir Ihnen die zwei häufigsten Tests kurz vor. Weitere vergleichbare Tests sind in der Literatur beschrieben und kommen (i. d. R. unter Klinikbedingungen) zum Einsatz.

Der orale Glukosetoleranztest (OGT) ist in der Praxis gut umsetzbar. Dafür wird dem Pferd eine definierte Menge Glukose verabreicht (1 g Glukose pro kg Körpergewicht (KGW), aufgelöst in Wasser, mittels Nasenschlundsonde in den Magen des Pferdes eingeben oder mit ca. 200 g Weizenkleie und 0,3 kg/100 kg KGW Luzernehäckseln mischen und füttern). Durch Blutentnahmen vor und 2 Stunden nach der Gabe werden der Blutzucker und der Insulinwert kontrolliert. Bei einem gesunden Pferd erreicht der Blutzuckerspiegel zwischen 90 – 120 Minuten nach der Glukosegabe einen Maximalwert im Blut, um danach wieder auf den Ausgangswert abzusinken, welcher spätestens nach 4 – 6 Stunden erreicht wird. Ist der Zuckerstoffwechsel gestört, wird ein überhöhter Insulinwert im Blut nach der Glukoseaufnahme gemessen. Der OGT hat eine geringere Aussagekraft, wenn das Pferd eine Magenentleerungs- oder Resorptionsstörung hat.

Der kombinierte Glukose-Insulin-Test (cGIT) ist ein Test, bei dem eine definierte Menge Glukose und Insulin in die Vene verabreicht werden. Damit simuliert man die Glukose- und Insulinreaktion des Körpers. So kann man, unabhängig von der körpereigenen Insulinproduktion, den Zuckerstoffwechsel an der Zelle (Insulinregulation) nachbilden und dokumentieren. Von größter Bedeutung ist der Entnahmezeitpunkt nach 45 Minuten. Eine Insulin-Resistenz liegt vor, wenn der Blutglukosespiegel nach 45 min über dem Basalwert oder der Insulinwert im Blut über 100 μU/ml liegt. Der Test gilt als hochsensitiv und eignet sich auch zur Therapiekontrolle. Er ist aufgrund der engmaschigen Blutentnahme über 2,5 Stunden am besten in einer Klinik durchzuführen, auch weil durch die Insulin-Injektion theoretisch der Blutzuckerspiegel auch zu niedrig werden kann (Hypoglykämie) und die Gefahr besteht, dass das Pferd niederbricht. Dieser seltene Zwischenfall kann mit einer Glukosegabe behandelt werden.

Der Weidetest

Dazu wird das Pferd auf die Weide gestellt und die Basalwerte für Insulin und Glukose im Blut nach 1 – 3 h Weide getestet. Kommt es hier bereits nach 1 Stunde zu übersteigerten Werten (Insulin >20 μU/ml), sollte das Pferd keinen freien Zugang zur Weide bekommen, sondern rationiert zuckerarm weiter gefüttert werden.

 

Strategien zur EMS-Therapie

Gewichtsreduktion und Bewegungsmanagement bei EMS

Die beste Strategie gegen eine durch Übergewicht ausgelöste Insulinresistenz bleibt die Gewichtsreduktion. Doch wie schwer das Abnehmen sein kann, weiß jeder, der schon einmal eine Diät gemacht hat. In einer Studie zeigten dicke Ponys (Body Condition Score 8–9 bei einer Skala 1–9) eine Normalisierung der Insulinsensitivität, nachdem sie in 17 Wochen im Mittel 16 % an Gewicht verloren hatten, d. h. eine wöchentliche Gewichtsreduktion von ~1 % erreicht werden konnte (van Weyenberg et al., 2008). Dazu musste die Energiezufuhr jedoch auf bis zu 35 % des Energieerhaltungsbedarfs (gemessen am Idealgewicht) reduziert werden. Das würde bedeuten, dass ein 350 kg schweres Pony, welches 50 kg Gewicht zu viel hat und eigentlich 300 kg wiegen soll, statt der normalen Heumenge von rd. 5 kg am Tag (so lautet die Mindestempfehlung für Heu: 1,7 kg Heu/100 kg Körpergewicht) dann nur noch 2 kg Heu am Tag fressen dürfte. Dies würde zu Problemen wie einer zu kurzen Fresszeit am Tag führen. Die Darmflora und der Magen bekämen nicht genügend Substrat, um gesund zu bleiben und weitere gesundheitliche Risiken wären möglich (z. B. Sandaufnahme, Kolik, Magengeschwüre, Leberbelastung).

Damit ein gesundes Abnehmen möglich ist, müssen zunächst folgende Informationen zum Pferd vorliegen:

  • Größe
  • Aktuelles Gewicht und Idealgewicht
  • Einschätzung zum Ernährungszustand (BCS, CNS)
  • Bestehende Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu erhöhen
  • Im Idealfall eine Rohnährstoffanalyse (u. a. auf Zucker- und Fruktangehalt!) des Heus, alternativ eine Qualitätseinschätzung von verfügbarem Heu und Stroh

Liegen diese Informationen vor, bilden folgende Prinzipien den Rahmen für die Diät:

  • Reduktion der Energieaufnahme auf 60 – 70 % des  Erhaltungsbedarfes (gemessen am Idealgewicht) über abgewogenes Raufutter (Waage nötig!)
  • Kein Kraftfutter (keine EMS-Müslis, kein Getreide, keine Diätkraftfutter)
  • Verzicht auf alle nicht notwendigen Futtermittel: Rübenschnitzel, Obst, Öle, Gras, Leckerli
  • Erhalt der Muskulatur durch gezielte Aminosäuren-Zulage
  • Vitaminisiertes Mineralfutter zur Sicherung der Versorgung im Besonderen mit Kupfer, Zink, Selen und Vitamin E
  • Kontrolle des Körpergewichtes über die Zeit (idealerweise wiegen, alternativ Maßbänder für Pferdegewichtsmessung nutzen und/oder Fotodokumentation erstellen) mit dem Ziel eines Körpermasseverlustes von 0,5 – 2 % pro Woche bis zum klinischen Idealgewicht (1 cm Brustumfang  entsprechen in etwa 6 – 7 kg Gewichtsreduktion, gemessen an der Stelle des Sattelgurtverlaufes)
  • Bewegungsmanagement, sofern keine Schmerzen beim Laufen bestehen: möglichst 5 x pro Woche mind. 30 min intensive Bewegung im Trab/Galopp, sofern vorhanden, zusätzlich Führanlage täglich 1 – 2 x 60 min Schritt, eventuell auch Trab, Reiten, Spaziergänge u. a.

Bei der Einschätzung des Energiebedarfes des Pferdes ist zu beachten, dass besonders der Energieverbrauch durch Arbeit häufig stark überschätzt wird. Eine Stunde leichte Arbeit (z. B. 30 Minuten Schritt, 10 Minuten Trab, 10 Minuten schneller Trab, 10 Minuten Galopp) erhöht den Energiebedarf nur um etwa 15 – 25 %, das entspräche nur wenigen hundert Gramm zusätzlichen Heus.

Neben der Steigerung des Energieverbrauchs durch Bewegung muss die Energiezufuhr, wie oben beschrieben, stark begrenzt werden (unter Beachtung der notwendigen Zufuhr von kaufähigem Raufutter).

Als energiearmes Raufutter eignet sich für eine Reduktionsdiät:

  • Langfasriges, spät geschnittenes Heu eines 1. Schnittes von hygienisch einwandfreier Qualität oder Heu aus dem Grassamenbau
  • Tages-Heumenge 1,3 – 1,5 kg Heu/100 kg Idealgewicht (= bis zu 4,5 kg für ein 300 kg Pony)
  • Gewässertes Heu (10 – 30 min tauchen, direkt füttern! aufgrund des Keimanstieges auf nassem Heu) oder bedampftes Heu (mit knapp 100 °C, 24 h lagerstabil) zur Reduktion der wasserlöslichen Kohlenhydrate um rd. 20 % (Achtung: Das Bedampfen schädigt das Protein im Heu, eine Aminosäurenergänzung ist zwingend erforderlich)
  • Stroh als alternative Raufutter-Komponente kann 30 – 50 % der Heumenge ersetzen

Um den Energiegehalt der Raufutter-Ration niedrig zu halten, empfehlen wir das Bedampfen von Heu (Bochnia et al., 2021) sowie die Fütterung eines hygienisch einwandfreien Futterstrohs. Empfohlen wird der Austausch von 30 % des Heus gegen ein energiearmes Futterstroh (maximal aber 50 %, darüber hinaus können vermehrt Verstopfungskoliken auftreten). Dazu kann Heu und Stroh gemischt aus Heunetzen angeboten werden.

Bitte wiegen Sie die Raufuttermenge mit Hilfe eines Heunetzes und einer Federwaage (erhältlich z. B. im Baumarkt) ab. Der Einsatz von Heunetzen kann die Futteraufnahmezeit verlängern. Die Maschenweite der Heunetze sollte unter 3 cm liegen. Es kann versucht werden durch bis zu drei übereinander gezogenen Heunetzen die Maschenweite zusätzlich zu verkleinern und damit die Futteraufnahmezeit zu verlängern (Zielwert: 45 min/kg
Heu). Studien zeigen jedoch, dass einige Pferde innerhalb weniger Tage lernen können, ähnlich schnell aus den Netzen zu fressen wie lose vom Boden gefüttertes Heu. Die Heunetze sollten so aufgehängt werden, dass keine Verspannungen im Hals-, Nacken- und Rückenbereich entstehen (d. h. nicht über Schulterhöhe aufhängen). Im Idealfall werden 4 – 5 Heumahlzeiten am Tag angeboten. Bitte achten Sie aufgrund der reduzierten Raufuttermenge darauf, dass Ihr Pferd keinen Sand frisst (Gefahr der Sandkolik).

Zwischenfazit:

Die Energieaufnahme muss zum Abspecken stark begrenzt werden. Dazu muss zeitweilig sogar die Mindestheuempfehlung von 1,7 kg Heu je 100 kg KGW unterschritten werden. Ziel muss es daher sein, durch Verzicht auf energiereiche Ergänzungen und eine Steigerung des Energieverbrauchs durch Bewegung das Idealgewicht zu erreichen und zu halten, damit dem Pferd im Anschluss möglichst bald wieder die Mindestheumenge angeboten werden kann.

 

Futterzusätze bei EMS

Durch die rationierte Fütterung von Pferden mit EMS wird nicht nur der Energiegehalt in der Ration gesenkt. Auch wichtige Nährstoffe werden unweigerlich mit reduziert. Nachfolgend listen wir Ihnen daher alle notwendigen Ergänzungen für eine gesunde Rationsgestaltung für EMS-Pferde auf. Futtermittel, denen besondere Wirkungen in der EMS-Diätetik zugeschrieben werden, sind kurz erläutert.

Mineralstoffe und Vitamine

Bei einer Fütterung ohne Mineralfutter kann es zu einer Unterversorgung mit Selen, Zink, teilweise auch Kupfer und Vitamin E kommen. Dies verstärkt sich insbesondere dann, wenn die Heuration knappgehalten und eventuell zusätzlich gewässert oder bedampft werden muss. Diese Nährstofflücke kann mit der Wahl eines geeigneten Mineralfutters ausgeglichen werden. Bei Hufrehepatienten wäre darüber hinaus eine bedarfsüberschreitende Zulage von Biotin, Zink, Cystein (Hufregeneration, siehe auch nachfolgend „Unterstützung des Rehehufes“) und Vitamin E (Antioxidans) zu empfehlen. Studien mit an Hufrehe erkrankten Pferden zeigen einen deutlichen Mehrverbrauch von Vitamin E (Schedlbauer et al., 2020). Daher lohnt sich insbesondere der Einsatz von unserem Magnomyoforte®, welches getreidefrei konzipiert ist und maximal dosiert Vitamin E enthält. Es deckt auch alle weiteren Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine sicher ab. Alternativ sind unsere Vitamin E reichen Mineralstoff-Komplexe Magnolythe® S100 und Magnometabol® (getreidefrei) für Pferde mit EMS sehr gut geeignet.

Aminosäuren

Damit Pferde mit EMS keine Muskulatur, sondern Fett abbauen, muss die entstehende Lücke in der Aminosäurenversorgung geschlossen werden, denn benötigte Aminosäuren können nicht einfach im Körper ‚für später‘ bevorratet werden (nur durch einen Zuwachs an Muskulatur bzw. Funktionsgewebe). Diese Aminosäurenlücke ist besonders groß, wenn die Pferde spät geschnittenes, überständiges oder bedampftes Heu bekommen oder, wenn Stroh einen Teil des Heus ersetzen soll. Dann muss eine qualitativ hochwertige Aminosäurenergänzung gefüttert werden. Dafür eignet sich unser Magnovital®.

Warum unser Magnovital® besonders geeignet ist:

  • Hoher Gehalt an 100 % dünndarmverdaulichen Aminosäuren
  • Ohne Zuckerzusatz, geringer Energiegehalt
  • Geringe Fütterungsmenge
  • Enthält die vitalstoffreiche Alge Spirulina (Studien zeigen einen positiven Effekt auf die Insulinsensitivität)
  • Hoher Vitamin E Gehalt

Alternativ eignen sich Luzerne- oder Graspellets als Proteinergänzung. Hier sollte der Zuckergehalt in der Herstellerangabe im Auge behalten werden. Er sollte maximal 10 % betragen.

Spirulina

Die basische Alge Spirulina platensis enthält wertvolle Aminosäuren, Mineralstoffe, Vitamine und natürliche Antioxidantien. Pferde mit EMS bekommen eine rationierte Heuration, wodurch weniger Nährstoffe mit dem Grundfutter zugeführt werden. Stoffwechselsensible Pferde (mit EMS) profitieren von den in Studien nachgewiesenen antioxidativen Eigenschaften von Phycocyanin der Alge. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Pferde, die mit einer Ergänzung auf Spirulina-Basis gefüttert werden, leichter Gewicht verlieren und sich ihre Insulinresistenz verringert. Erste Studienergebnisse weisen darauf hin, dass die basische Alge die Insulinsensitivität von Pferden mit Equinem Metabolischen Syndrom (EMS) positiv beeinflusst (Nawrocka et al., 2017), so dass die Supplementation mit Spirulina platensis eine sinnvolle Unterstützung konventioneller Diätrationen für Pferde mit EMS darstellt. Unser Magnovital® ist als Aminosäurenbooster auf Spirulina-Basis sehr gut geeignet für die Unterstützung von Stoffwechsel, Gewichtsreduktion und für den Muskelerhalt/-aufbau bei Pferden mit EMS.

Carnitin

Bei Menschen mit Störungen des Insulinstoffwechsels wird L-Carnitin zur Verbesserung der Zuckerverträglichkeit und der Insulinsensitivität eingesetzt. Pferde bilden Carnitin in ausreichender Menge mikrobiell im Dickdarm, wenn sie mit einer Mindestmenge an Heu (1,7 kg Heu/100 kg Körpergewicht) gefüttert werden. Da EMS-Pferde mit einer deutlich reduzierten Heumenge auskommen müssen, kann eine möglicherweise reduzierte Carnitin-Synthese durch eine Carnitin-Zulage den Zuckerstoffwechsel unterstützen. Unser Magnovital® enthält neben der Spirulina-Alge zu 100 % dünndarmverdauliche Aminosäuren und Vitamin E auch Carnitin. Das macht unser Magnovital® zu einer idealen Ergänzung zur Verbesserung der Zuckerverträglichkeit und Insulinsensitivität in Rationen für EMS-Pferde.

Metformin

Metformin (Dimethylguanidin) ist eigentlich ein sog. Antidiabetikum aus der Humanmedizin. Beim Menschen senkt es den Blutzuckerspiegel und verbessert die Insulinsensitivität der Leber und des peripheren Gewebes (z. B. der Muskulatur). Bei insulinresistenten Pferden lässt sich dieser Effekt in Studien nicht sicher nachvollziehen. Zum einen, weil die Bioverfügbarkeit (Aufnahme und Wirkung im Körper) beim Pferd schlechter ist. Zum anderen ist der Effekt auch nur vorhanden, wenn zuckerreiche Rationen gefüttert werden, da Metformin das Ziel hat, die Aufnahme von Zucker im Darm zu vermindern.

Chrom

Das Wichtigste vorab: Chrom ist in Europa nicht als Futtermittelzusatzstoff zugelassen und kann daher beim Pferd nicht eingesetzt werden. Chrom soll den Blutzuckerspiegel senken. Studien an gesunden Pferden mit einer Chrom-Propionat Zulage zeigten zwar eine Erhöhung der Insulinsensitivität, ob dieser Effekt auch bei EMS-Pferden mit einer Insulindysregulation eintritt, wurde bisher jedoch nicht untersucht.

Magnesium

Magnesium ist ein wichtiger Bestandteil des Insulin-Rezeptors, dessen Ansprechbarkeit auf das Hormon Insulin darüber entscheidet, ob der Zuckerstoffwechsel an der Zelle korrekt abläuft oder zu viel Insulin im Blut verbleibt, also ein Hufreherisiko entsteht. Hier sind jedoch hohe, nicht handelsübliche Mengen notwendig. Ein Magnesiummangel sollte auch bei EMS-Pferden durch ein Mineralfutter vermieden werden, damit eine physiologische Menge Magnesium zur Verfügung steht.

Ungeeignete Futtermittel für Pferde mit EMS

Da Pferde mit EMS zuckerreduziert gefüttert werden müssen, sollten folgende Futtermittel ersatzlos aus der bisherigen Fütterung gestrichen werden: Getreide, Kraftfutter wie EMS-Müslis, Obst, Öle, Gras, Leckerli, Rübenschnitzel (in Einzelfällen als Krippenfutterzulage möglich, sofern zuckerarm). Auch Heuqualitäten mit >10 % Zucker und/oder >5 % Fruktan sind nicht geeignet (Frank et al., 2010). Daher kann eine Heuanalyse auf die Rohnährstoffe sinnvoll sein. Besonders im Jahr 2022 wurden sehr hohe Werte für Zucker und Fruktan im Heu gemessen. Dieses Phänomen kann auftreten im frühen 1. Schnitt, oder aber, wie im Jahr 2022, aufgrund von klimatischen Besonderheiten (z. B. ein trockenes Frühjahr), auch in späteren Heuschnitten.

So füttert man ein EMS-Pferd – Rationsbeispiel

Ein Pferd mit EMS soll energie-, zucker- und stärkearm ernährt werden, damit es an Gewicht verliert und sich der Zucker- und Insulinstoffwechsel normalisieren. Zusätzlich soll die Ration die Nährstofflücken im Bereich Aminosäuren, Mineralien und Vitamine schließen sowie durch ausgewählte Ergänzungen die Insulinsensitivität wieder verbessert werden.

Grundsätzlich gilt für die Fütterung eines EMS-Pferdes:

  • Energieaufnahme stark begrenzen
  • Heu wiegen!
  • Im Idealfall Heuanalyse machen lassen  (Zucker <10 %, Fruktan <5 % in der Trockensubstanz des Heus)
  • Spät geschnittenes Heu verwenden
  • Getreidefrei füttern
  • Verzicht auf jedes nicht notwendige Futter
  • Mineralien, Vitamine und Aminosäuren ergänzen

Tagesration für ein EMS-Pferd je 100 kg Körpergewicht

1,3 – 1,5 kgHeu, hygienisch einwandfrei, später 1. Schnitt, wenn möglich bedampft (mit rd. 100 °C) oder 10 – max. 30 Minuten gewässert; füttern aus engmaschigem Heunetz, Anteil der Ration für die Nacht mind. 50 % der Tagesration
30 – max. 50 %Heuersatz durch Futterstroh (z. B. Strohsorten von Hafer, Gerste oder Weizen), nicht wässern oder bedampfen, ins Heu mischen
15 gMagnovital® (Spirulina-Aminosäure-Booster), kann in ein getreidefreies Mash gemischt werden
15 gMagnomyoforte® (Mineral-Aminosäuren-Mischung mit maximal dosiertem Vitamin E), kann in ein getreidefreies Mash gemischt werden, alternativ Magnometabol® oder Magnolythe® S100
30 – 40 gNach Bedarf Magnofine® sofern das Heu einen Proteingehalt <5 % aufweist als zusätzliche, hochwertige Proteinquelle
 Weißer Salzleckstein (Natrium und Chlorid) zur freien Verfügung

Die o. g. Ration bietet alle nötigen Mikro- und Makronährstoffe.

Beispielration für ein 300 kg Pony (aktuelles Gewicht 350 kg)

3,9 – 4,5 kgHeu, hygienisch einwandfrei, später 1. Schnitt, wenn möglich bedampft (mit rd. 100 °C) oder 10 – max. 30 Minuten gewässert; füttern aus engmaschigem Heunetz, Anteil der Ration für die Nacht mind. 50 % der Tagesration Bis 1,35 kg können durch Stroh ersetzt werden
45 gMagnovital® (Spirulina-Aminosäure-Booster), kann z. B. in eine Handvoll getreidefreies Mash gemischt werden
45 gMagnomyoforte® (Mineral-Aminosäuren-Mischung mit maximal dosiertem Vitamin E), kann in ein getreidefreies Mash gemischt werden, alternativ Magnometabol® oder Magnolythe® S100
Nach Bedarf90 – 120 g Magnofine® bei Heu mit <5 % Protein
 Weißer Salzleckstein (Natrium und Chlorid) zur freien Verfügung

 

Durch die Nutzung von Heunetzen kann versucht werden, die Futteraufnahmezeit zu verlängern.

Da für eine Diät die Mindestheuempfehlung von 1,7 kg Heu je 100 kg KGW unterschritten werden muss, sollte insbesondere durch Verzicht auf energiereiche Ergänzungen das Ziel im Blick behalten werden, dass das Pferd nach Erreichen des Idealgewichtes wieder mehr Raufutter bekommen darf.

Unterstützung des Rehehufes

„Ohne Huf kein Pferd“ gilt ganz besonders für Patienten mit einer Hufrehe. Die Pferde sollten durch eine natürliche Hufbearbeitung in kurzen Abständen (alle 4 Wochen) oder einen Spezialbeschlag, und im akuten Zustand auch durch Polsterverbände, unterstützt werden. Auch die Hornqualität muss im Blick behalten werden.

Die Hornbildung geht von der Huflederhaut aus, die zudem die Verbindung von Huf und Knochen herstellt. Diese ist bei einem Rehehuf nachhaltig geschädigt und benötigt zwingend alle wichtigen Nährstoffe, um regenerieren zu können.

Zu den wichtigsten Nährstoffen der Hufgesundheit bei EMS-Pferden zählen:

  • Cystein und Methionin: Schwefelhaltige Aminosäuren zur Vernetzung des Strukturproteins Keratin (Hauptbestandteil des Hufhorns) für beschleunigtes Wachstum von elastischem, gesunden Hufhorn
  • Biotin: Hochdosiert(!), wird zur Keratinbildung benötigt für schnelleres Hufwachstum und eine stabile Sohle
  • Zink: Schlüsselmineral im Keratinisierungsprozess, welches durch Aktivierung von Zink-Metalloenzymen für die Vernetzung der Keratinketten gebraucht wird (als organische Chelat-Verbindung, damit eine optimale Aufnahme im Körper gewährleistet werden kann)
  • Zusätzliche Mehrbedarfe an Vitaminen und Spurenelementen: Mangan (aktiviert Enzyme im Keratinisierungsprozess für Zellenergie im Hornstoffwechsel), Kupfer (aktiviert Enzym für Aufbau stabiler Disulfidbrückenbindungen in der keratinisierten Zellmatrix für festes, aber elastisches Hufhorn), Vitamine A, D und E (für Integrität, Struktur und Qualität des keratinisierten Horngewebes)
  • Kein zusätzliches Selen! (Selen sollte über ein Mineralfutter nur bedarfsdeckend abgedeckt sein, da es überdosiert die Hornqualität verschlechtern kann)

Wir haben diese wesentlichen Nährstoffansprüche für gestresste Rehehufe in unserem Magnotin® Spezial vereint. Durch die getreidefreie Produktkonzeption ist unser Magnotin® Spezial auch zum Einsatz bei EMS-Pferden bestens geeignet. Eine langfristige Gabe (mindestens 3 Monate, Dauergabe sinnvoll) wird empfohlen, damit der gestresste Rehehuf ausreichend gesundes Horn nachbildet, welches durch Hufbearbeitung in kurzen Abständen (alle 4 – 6 Wochen) die Remodellierung des Hufes zulässt.

EMS bei Zuchtstuten

Auch Zuchtstuten, die zu Hufrehe neigen, stellen eine Herausforderung für den Züchter dar. Sie können eine gestörte Fruchtbarkeit zeigen. Außerdem ist eine Fütterung in der Trächtigkeit und Laktation, die sowohl Stute und Fohlen optimal versorgt als auch kein Hufreherisiko für die Stute darstellt, nicht einfach. Auch die geringere, körperliche Belastbarkeit nach überstandener Hufrehe sowie die damit verbundene endokrine Störung müssen berücksichtigt werden. Soll man sie aus der Zucht ausschließen? Akute Erkrankungen und chronische Hufrehen sollten immer zum Zuchtausschluss führen. Und es gibt durchaus Häufungen von Hufrehe in bestimmten Stutenstämmen. In der Regel sind jedoch die Haltung und Fütterung der entscheidende Faktor. Bereits tragende Stuten sollten eng am Bedarf gefüttert werden und kein oder nur wenig Kraftfutter bekommen. Die Versorgung mit Energie sollte vornehmlich über Heu abgedeckt werden. Die Mineralstoff- und Vitaminversorgung muss passen und die Proteinversorgung über ein hochverdauliches Konzentrat gesichert werden. Hier empfiehlt sich eine Fütterung von Magnostar® und Magnofine® zu Heu nach einem individuellen Plan für Ihre Stute. Sprechen Sie uns dazu an, wir beraten Sie gerne.

Darf mein Pferd noch auf die Weide?

Grundsätzlich gilt: Pferde mit einer Insulindysregulation oder Insulinresistenz gehören nicht auf die Weide! Auf der Wiese können die Menge, wie auch der Energie- und Zuckergehalt des aufgenommenen Grases nur geschätzt werden. Man kann sich also schnell verschätzen, wie viel so ein Pferd pro Stunde an Gras und Energie tatsächlich zu sich nimmt, und das ist schnell eine (zu hohe) Menge. Auch der Anstieg des Blutzuckerspiegels fällt bei Gras tendenziell höher aus als bei der Aufnahme von Heu, da Gras (außer spätsommerliches, überständiges Gras) eine höhere Verdaulichkeit aufweist. Zudem heißt es auf der Weide „Achtung Fruktan – besonders auf der Herbstweide“.

Besteht nur der Verdacht, dass ein Pferd eine Insulindysregulation entwickelt oder soll nach überstandener Hufrehe und erfolgreicher Diät abgeschätzt werden, ob das auskurierte Pferd mit Normalgewicht wieder auf die Weide kann, und wenn der Besitzer keinen dynamischen Test möchte, dann kann der Weidetest (siehe Diagnostik) Hinweise zum Zuckerstoffwechsel des Pferdes liefern.

Gesunde dicke Pferde auf die Weide

Funktioniert der Zuckerstoffwechsel noch normal, wird auch die Aufnahme von frischem Gras mit hohem Zuckergehalt vertragen. Fakt ist aber, bei größeren Flächen mit mehr als 5 cm Aufwuchs übersteigt die Grasaufnahme schon nach wenigen Stunden die notwendige Energieaufnahme deutlich. Die Fettpolster füllen sich.

Auch für gesunde dicke Pferde steigt damit das Risiko, doch noch an EMS zu erkranken. Aber es lauern weitere Gefahren für gefräßige Vierbeiner. Manche Pferde fressen zum Teil staubsaugerartig, was ihnen vor die Nase kommt. Das führt gerade nach mehrstündigen Fresspausen nicht selten auch zu einer primären Magenüberladung (d. h. im Klartext, das Pferd hat schneller Futter aufgenommen als der Magen den Futterbrei in den Darm entleeren kann). Die Folge sind Bauchschmerzen, die sich durch die Gärung des Futterbreis im Magen zu einer Aufgasungskolik ausweiten können. Diese Pferde sind sofort vom Futter wegzunehmen und leicht zu bewegen. Bei Koliksymptomen (Scharren, Wälzen, Flehmen, Rückenlage) ist immer der Tierarzt zu Rate zu ziehen (Notfall!). Stellt man zu dicke Pferde hingegen auf abgefressene Weiden, besteht die Gefahr eines tiefen Verbisses der Grasnarbe. Das zerstört nicht nur den nachfolgenden Aufwuchs, sondern erhöht auch die Gefahr der vermehrten Erd- bzw. Sandaufnahme. Die Folgen können Kotwasser und Sandablagerungen im Dickdarm mit Koliken sein. Nicht zu unterschätzen ist auch der von Hunger getriebene Rückgang der Selektion von Giftpflanzen.

Daher ist ein stundenweiser Weidegang die beste Option, dann am besten auf nicht zu reichhaltigen Weiden grasen lassen.

Alternativ bietet der Markt sog. Fressbremsen verschiedener Bauart an. Hier muss man wissen, dass diese Maulkörbe ebenfalls die Giftpflanzenselektion verhindern. Zudem unterbinden sie normales Sozial- und Putzverhalten, können zu Maulverletzungen und Hautabschürfungen führen und entfalten ihre Futteraufnahme reduzierende Wirkung auch nur dann, wenn sie über die gesamte Weidezeit getragen werden. Sicher, sie bieten die Möglichkeit, auch dicke Pferde auf die Koppel zu stellen, und das ist auch gut so. Allerdings sollten im gleichen Atemzug auch der Energieverbrauch durch Bewegung und die Energiereduktion der restlichen Fütterung (Verzicht auf Kraftfutter und Leckerli, Heuration mit Stroh kombinieren und limitieren) in den Fokus genommen werden. Denn Ziel sollte es immer sein, ein Pferd seinem Energiebedarf entsprechend zu füttern und dabei so viel Freilauf und Bewegung wie möglich anzubieten. Im besten Fall bieten „Diätgruppen“ im Stall die Möglichkeit, leichtfuttrige Pferde zu vergesellschaften und mit energiearmem Heu (später 1. Schnitt), Stroh und stundenweisem Koppelgang auf eher kargen oder spätsommerlichen Weiden bei Figur zu halten.

Achtung Hufrehe

Sobald ein dickes Pferd nach dem Koppelgang einen klammen Gang oder eine Fühligkeit beim Laufen zeigt, sollte es zunächst nicht mehr auf die Weide. Durch Kühlen der Hufe und eine zucker- und energiereduzierte Fütterung kann eine entstehende Hufrehe sofort abgefangen werden. Eine weitergehende EMS-Diagnostik ist hier sinnvoll.

 

Pro und Contra Fressbremse

Pro Contra
Reduziert Futter- und damit Energieaufnahme ( > ermöglicht auch gesunden dicken Pferden ohne Hufrehe den Weidegang) Verhindert Giftpflanzenselektion
Verhindert tiefen Verbiss der Grasnarbe und Sandaufnahme Kein normales Sozial- und Putzverhalten möglich
Ermöglicht die Aufnahme kleiner Grasmengen über den Tag verteilt ohne lange Fresspausen Kann Stress für die Pferde bedeuten
- Keine ausreichende Futterrestriktion, wenn nicht über komplette Tagesweidezeit getragen
- Kann Maulverletzungen und Hautabschürfungen verursachen

Pferde mit Insulinresistenz nicht auf die Weide

Besteht eine Insulinresistenz oder hatte das Pferd bereits eine EMS-bedingte Hufrehe, lautet die Antwort „Kein Koppelgang“ bis zur Normalisierung des Zuckerstoffwechsels und Erreichen des Idealgewichtes. Manche Pferde mit Hufrehe-Vorgeschichte bleiben so anfällig, dass der Koppelgang für immer entfallen muss. Pferde mit EMS sind einem extrem hohen Hufreherisiko ausgesetzt, wenn sie Zugang zu frischem Weidegras bekommen, denn darüber können sie große Mengen Zucker und Fruktane aufnehmen.

Bei einer bestehenden Insulinresistenz reichen kurze Weidezeiten aus, um eine Hufrehe auszulösen. Bereits die Aufnahme von 50 g Fruktan (Weidezeit <1 h) konnte in einem Hufrehemodell eine Hufrehe auslösen.

Fruktan ist an kalten & trockenen Tagen ein Risiko

Was ist eigentlich Fruktan? Ganz einfach: eine Zuckerart. Genauer gesagt, die Speicherform von Zucker in Gräsern. Fruktan kann nicht vom Darm selber, sondern nur von der Darmflora im Dickdarm fermentiert werden. Dabei entstehen Abbauprodukte (kurzkettige Fettsäuren, Laktat), die zu einer Azidierung des Dickdarminhaltes führen und regional die Darmschleimhaut schädigen können. Durch den Bakterienstoffwechsel der Darmflora entstehen zudem blutgefäßaktive Amine. Diese können über die geschädigte Schleimhaut des Darms absorbiert werden und zur Entstehung einer Hufrehe führen. Auch die beim Zerfall von Bakterien freiwerdenden Endotoxine gelangen in die Zirkulation und schädigen die feinsten Gefäße in der Huflederhaut und befeuern damit das Hufreherisiko.

Wie viel Fruktan in der Pflanze gebildet wird, bestimmen folgende Faktoren:

  • Art der Gräser (fruktanreich sind z. B. Wiesenschwingel, Deutsches Weidelgras)
  • Nährstoffgehalte im Boden
  • Umgebungstemperatur
  • Sonneneinstrahlung

Die nachfolgende Tabelle zeigt den Fruktangehalt typischer Gräserarten in Abhängigkeit des Schnittzeitpunktes an.

Die Tabelle zeigt den Fruktangehalt typischer Gräserarten in Abhängigkeit des Schnittzeitpunktes an.

 Fruktangehalt (g/kg Trockenmasse)

 

1.
Schnitt

 

2.
Schnitt

 

3.
Schnitt

 

4.
Schnitt

Gräserart/Sortefrühspätfrühspätfrühspät 
Dt. Weidelgras (Sambin®)848464573324 
Dt. Weidelgras (Anton®)106557168494067
Dt. Weidelgras (Respect®)63716254242734
Wiesenlieschgras45202926232950
Wiesenschwingel70974245233049
Wiesenrispe    827631
Wiesenrispe38473840484463
Knaulgras60614140372962
Rohrschwingel581054959182335
Wiesenfuchsschwanz16432522111821
Gemeine Rispe72598575462885
Gemeine Quecke1461 20357158
Wolliges Honiggras22373833161420

Nun ist nicht jeder Pferdehalter Botaniker und kann somit problemlos die prozentuale Verteilung der Gräserarten auf seiner Pferdeweide bestimmen (und kaum jemand hat zudem die Möglichkeit, die Weiden umzubrechen und neu anzusäen). Dazu kommt der Einfluss von Temperatur, Sonneneinstrahlung und Witterung.

In der Praxis ist es schwer möglich, die Pferde nur noch strikt nach Thermometer und Sonnenlicht auf die Weide zu lassen. Für darmempfindliche und rehegefährdete Pferde sollte aber zumindest bei extrem hohen Fruktanwerten über die Länge und den Zeitpunkt des Koppelganges nachgedacht werden.

Wann sollten hufrehegefährdete Pferde nicht auf die Weide?

  • An sonnigen Tagen nach kalten Nächten (häufig im Frühjahr und Herbst)
  • In trockenen Phasen im Frühjahr und Sommer
  • Im April/Mai sind die Fruktangehalte am höchsten, sinken dann bis Juli ab, um im Herbst wieder deutlich anzusteigen mit neuen Höchstwerten im Oktober und November.

Hintergrund dafür ist, dass der Speicherzucker der Pflanze, das Fruktan, nur im Wachstum abgebaut wird und das Graswachstum wiederum von der Temperatur abhängt. Bei Temperaturen unter 9 Grad ist das Wachstum eingestellt, d. h. Fruktan wird vom Gras nicht für Wachstum verbraucht und reichert sich an.

Ebenso steigt der Fruktangehalt bei Stress für die Pflanze, wie starker Verbiss und Trockenheit. Auch ohne Nährstoffe kann Gras nicht wachsen. Was dem Boden an Nährstoffen entzogen wird, müssen wir ihm durch Düngung zurückgeben. Gras von ungedüngten Flächen hat einen höheren Fruktangehalt als von gedüngten. Einen geeigneten Dünger finden Sie am besten mit Hilfe eines Labors, bei dem Sie eine Bodenprobe Ihrer Weidefläche analysieren lassen. Diese Labore können Ihnen dann eine Düngeempfehlung geben.

Produktfazit

Magnomyoforte®

Unser Magnomyoforte® ist getreidefrei und Mineralfutter und Aminosäurenergänzung in einem. Es verbessert die Versorgung Ihres Pferdes mit allen wichtigen Vitaminen und Mineralien, wie z. B. Selen, Zink, Kupfer, Mangan, Magnesium. Vitamin E ist maximal dosiert enthalten, um Pferde auf Diät und/oder mit muskulären Problemen besonders gut mit Antioxidantien zu versorgen. Damit trotz reduziertem Grundfutter keine Aminosäurenlücken enstehen, sind Lysin, Methionin, Threonin und Cystein in hoher Konzentration und 100 % dünndarmverdaulicher Form ergänzt.

Magnometabol®

Unser Magnometabol® ist ein getreidefreies Mineralfutter, das speziell zur Ergänzung von getreidefreien Rationen konzipiert ist. Es liefert Ihrem Pferd genau die Vitamine und Mineralien, die es zusätzlich zu einer getreidefreien Fütterung benötigt. Außerdem enthält es das Plus an 100 % dünndarmverdaulichen essenziellen Aminosäuren, jedoch nicht ganz so hochdosiert wie in Magnomyoforte®.

Magnovital®

Unser Magnovital® ist eine Aminosäurenergänzung auf Basis der Spirulina-Alge. Der Einsatz empfiehlt sich besonders bei Pferden, deren Grundfutter nicht ausreichend Aminosäuren liefert, wie z. B. bei einer Diätration, bei gewässertem/bedampftem Heu oder proteinarmem Heu sowie bei Pferden, die Muskulatur aufbauen sollen oder an muskulären Problemen leiden. Magnovital® verbessert in diesen Rationen gezielt die Versorgung mit Aminosäuren, wovon Muskulatur und Stoffwechsel der Pferde profitieren. Magnovital® enthält essenzielle Aminosäuren in 100 % dünndarmverdaulicher Form. Pferde mit EMS oder Übergewicht profitieren zusätzlich von den antioxidativen Eigenschaften der Spirulina-Alge sowie von ihren positiven Auswirkungen auf Insulinsensitivität und Gewichtsabnahme. Das enthaltene Vitamin E verbessert die Versorgung mit Antioxidantien. Carnitin unterstützt die Normalisierung der Zuckerverträglichkeit bei Pferden mit EMS.

IWEST-Produkte, die bei EMS nur nach Rücksprache mit uns eingesetzt werden sollten

Zur Reduktion des Gewichtes empfehlen wir den Verzicht auf alle nicht notwendigen Futtermittel. Das betrifft auch unsere eigenen Produkte. Insbesondere unsere Energiebooster Magnoturbo® und Magnopower® liquid enthalten sehr viel Energie und sollten daher bei übergewichtigen Pferden nur im speziellen Fall eingesetzt werden.

Produkte, die Ihr Pferd z. B. zur Unterstützung des Bewegungsapparates bekommt, können weiterhin gefüttert werden. Unsere Produkte (außer Magnoturbo®) enthalten in der von uns angegebenen Dosierung auch für zuckerempfindliche Pferde nicht zu viele Kohlenhydrate. Zögern Sie nicht uns bei Unsicherheit anzusprechen.

Wir beraten Sie gerne.

Ihre IWEST®

Literaturverzeichnis:

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